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Das Air-Law Team gibt regelmäßig einen kleinen Einblick in ihr gesammeltes luftrechtliches Wissen, um die Mitglieder der Luftfahrtbranche über aktuelle und relevante Themengebiete zu informieren und aufzuklären. Veröffentlichungen finden Sie in den folgenden Journalen der Fachpressen. 

Fliegermagazin 07/19 – ZÜP und weg

ZÜP und weg…

Eine strafrechtliche Auffälligkeit hat nicht selten auch den Verlust mancher fliegerischen Möglichkeiten zur Folge.

Im Gegensatz zum reinen Segelflieger oder Ultraleichtpilot benötigt jeder, der eine in Deutschland geführte Motorfluglizenz (PPL, CPL, ATPL) nutzen will, eine Feststellung der Zuverlässigkeit – bekannt auch unter dem Kürzel „ZÜP“.

Und genau die wird entweder erst gar nicht erteilt oder im Zuge eines so genannten „Nachberichts“ durch die Luftsicherheitsbehörden entzogen, wenn Tatsachen bekannt sind oder werden, die den Bewerber unzuverlässig erscheinen lassen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wurde auch schon vor 2017 durch die Rechtsprechung konkretisiert. Im März 2017 wurde das für die ZÜP zuständige Gesetz, das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) geändert.

Die Behörde soll die Zuverlässigkeit des Betroffenen auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles bewerten. In der Regel fehlt es dann an der erforderlichen Zuverlässigkeit nach dem seit März 2017 geltenden § 7 Abs. 1a LuftSiG, wenn der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Sobald diese so genannte Regelvermutung greift, ist es mit der Gesamtwürdigung schwierig. Uns ist keine Gesamtwürdigung bekannt, die trotz einer Verurteilung über 60 Tagessätzen noch zu einer positiven Entscheidung geführt hätte. Auszuschließen ist dies nicht. Zum Anwalt gelangen typischerweise die Fälle, bei denen es eben keine positive Behördenentscheidung gab.

Oftmals merken die Betroffenen gar nicht, dass die ZÜP z.B. bei der Einigung mit der Staatsanwaltschaft faktisch schon Geschichte ist, da der Strafverteidiger beruhigend darauf hingewiesen hat, dass ja z.B. 90 Tagessätze nicht überschritten wären, und man damit nicht als vorbestraft gelte. Manchmal lässt sich eine hohe Tagessatzzahl trotz eines zunächst nicht übermäßig schwerwiegenden Delikts für den Mandanten gar nicht verhindern, wenn z.B. im Bereich von Steuern oder Sozialabgaben durch eine Vielzahl von Einzelfällen die Gesamtstrafe gewaltig wird.

Zudem sei es, so die Begründung eines Verwaltungsgerichts, bei einer wegen einer Straftat verhängten Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen mit Rücksicht auf die nach dem Strafgesetzbuch eröffneten Möglichkeiten, bestimmte Straftaten auch mit deutlich geringeren bzw. milderen Sanktionen strafrechtlich zu ahnden, für gewöhnlich ausgeschlossen, dass es sich bei einer entsprechend sanktionierten Straftat um ein bloßes Bagatelldelikt handele.

Nach einem Bundesverwaltungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2004 ist nur derjenige zuverlässig, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu tun. Der Betreffende muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst bei dem Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen,

Aber in vielen späteren Entscheidung der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde immer wieder betont, dass es bei der Bewertung eines Vergehens nicht zwingend auf einen Bezug zur Luftfahrt ankäme.

Atypische, die gesetzliche Vermutungswirkung des Regelbeispiels widerlegende Umstände müssen substantiiert bei der Behörde oder spätestens bei Gericht vorgetragen werden. Die reine Schilderung des fliegerisch untadeligen Lebenslaufes reicht nicht.

Wenig Verständnis hat der Betroffene allerdings mit dem Blick auf das restliche Europa. Trotz einheitlicher Anwendung der VO(EU) Nr. 1178/2011 Teil FCL, gibt es eine ZÜP nur in Deutschland. Und eben auch nicht für den Segelflug- oder den soeben auf 600 kg aufgelasteten Ultraleichtflugbereich.

Da kommt man leicht auf die Idee, die Lizenz ins europäische Ausland zu verlegen. Dazu sind zwar einige formale Hürden zunehmen und manch deutsche Behörde versucht dies kreativ mit Verweis auf § 15 LuftPersV und einem eigens schnell angestrengten Lizenzentzugsverfahren zu verhindern. Es ist aber möglich. Evtl. auch nur um Zeit für die Auseinandersetzung mit der Luftsicherheitsbehörde zu gewinnen oder um auf den Ablauf von fünf Jahren zur erneuten Antragstellung zur ZüP zu warten. Eine einheitliche europäische Rechtsordnung scheint noch weit entfernt.

Der im Fliegermagazin erschienene Artikel ist hier als pdf zu finden