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Das Air-Law Team gibt regelmäßig einen kleinen Einblick in ihr gesammeltes luftrechtliches Wissen, um die Mitglieder der Luftfahrtbranche über aktuelle und relevante Themengebiete zu informieren und aufzuklären. Veröffentlichungen finden Sie in den folgenden Journalen der Fachpressen. 

I. Luftfrachtführerhaftung nicht gewerblich tätiger Privatpiloten

OLG Hamm, Urteil vom 18. März 2021 – 27 U 34/18 – juris
Auch Privatpiloten können Frachtführer im Sinne von § 45 LuftVG sein und damit nach dieser Vorschrift haften. Denn danach ist der Luftfrachtführer für den Fall, dass ein Fluggast durch einen Un-fall an Bord eines Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, körperlich verletzt oder gesundheitlich geschädigt wird, verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (Absatz 1).

Da die mit Änderungsgesetz vom 10. Juli 2020 in das Gesetz ein-gefügte Haftungsbeschränkung1 nicht für Verträge über eine Luftbeförderung gilt, die vor dem 17. Juli 2020 geschlossen wurden, finden sie in dem der Entscheidung des OLG Hamm zugrundeliegenden Fall, in dem die Beförderung im Jahr 2013 stattfand, (noch) keine Anwendung.

1. Sachverhalt
Der Entscheidung liegt zugrunde, dass ein Familienvater den Rücktransport seiner Familie von einer Nordseeinsel zurück auf das Festland organisieren wollte, weil sich seine Frau kurz vor Ende des dort verbrachten Urlaubs verletzt hatte und den PKW der Fami-lie nicht nach Hause fahren konnte. Telefonisch wurde vereinbart, dass der Flug gegen Zahlung von 600 EUR für Hin- und Rückflug bei minutengenauer Abrechnung erfolgen sollte. Auf dem Hinflug flog die Person mit, die anschließend das Familienfahrzeug zurückfahren sollte. Dort wurden dann sieben Personen an Bord genommen, vier der Passagiere waren noch keine zehn Jahre alt. Auf dem Rückflug stürzte das Flugzeug ab, die Ursache ist streitig. Es wurde eine Untersuchung durch die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung – BfU – durchgeführt, die veröffentlicht wurde (Untersuchungsbericht BFU 3X117-13). In diesem wurde als Ergebnis wiedergegeben, der Flugunfall beruhe auf einer nicht ausreichen-den Kraftstoffreserve, deren mangelnder Überprüfung und Überwachung während des Fluges, dem Versuch trotz erreichbarer, geeigneter Notgelände den Zielflugplatz zu erreichen und einer falschen Einschätzung der Hindernisfreiheit bzw. deren Höhe. Bei dem Absturz verstarben der Pilot sowie vier Passagiere, alles Angehörige der späteren Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt ein Jahr alt war. Diese und zwei weitere Kinder überlebten den Unfall. Die Klägerin wurde bei dem Unfall schwer verletzt und musste sich mehreren, zum Teil längeren Aufenthalten in diversen Krankenhäusern unterziehen. Die Spätfolgen, die sich für die Klägerin aus dem Schadensereignis ergeben können, sind angesichts des jungen Alters noch nicht völlig absehbar, es wird aber Zeit ihres Lebens ein Dauerschaden mit einem gutachtlich geschätzten zu-künftigen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 – 80 Prozent bestehen bleiben.

Erstinstanzlich wurde der mit der Klage als Erbe in Anspruch genommene Sohn des Piloten antragsgemäß verurteilt, das OLG Hamm hatte auf die Berufung die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass angeordnet und den Urteilsausspruch geringfügig eingeschränkt, diese im Übrigen aber zurückgewiesen (Urteil vom 22. Januar 2019; veröffentlicht in Juris). Im Fokus der Entscheidung stand neben dem streitigen Abschluss eines Beförderungsvertrags die Frage, ob nicht Kraftstoffmangel bzw. die mangelhafte Überwachung der Kraftstoffreserven, son-dern ein technischer Defekt an Motor oder Benzinpumpe ursächlich für den Absturz war. Eine dazu beantragte Beweiserhebung wurde damit abgelehnt, dass dem nur Vermutungen zugrunde lägen, es sich deshalb um Angaben ins Blaue hinein und damit um einen Ausforschungsbeweisantrag handele, dem nicht nach-zugehen sei.

Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 14. Januar 2020 aufgehoben (- VI ZR 97/19 -, juris) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG Hamm zu-rückverwiesen. Er befand, die Anforderungen an eine hinreichen-de Substantiierung des dem Beklagten obliegenden Entlastungsbeweises nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG seien überspannt und der angebotene Sachverständigenbeweis zu Unrecht nicht eingeholt worden. Es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich das Berufungsgericht nach Erhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises zu dem vom Beklagten vermuteten unverschuldeten Motorschaden die Überzeugung gebildet hätte, dass der Absturz nicht durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln oder Unterlassen des Piloten, sondern allein durch einen technischen Defekt verursacht worden sei. Es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die sachverständige Untersuchung des Motors ergebe, dass eine den Absturz vermeidende Handlungsoption für den Piloten nicht mehr bestanden habe (s. dazu auch Schwenker, jurisPR-BGHZivilR 22/2020 Anm. 5). 

Das OLG Hamm hat danach ein schriftliches Gutachten eingeholt. In diesem Sachverständigengutachten wurde ausgeführt, dass die Frage, ob eine Untersuchung des Motors und seiner Komponenten pauschal Erkenntnisse in dem vorliegenden Fall erbringen könne, zwar zu bejahen sei. Diese Untersuchung habe durch die BfU aber technisch sinnvoll bereits stattgefunden und ihm sei telefonisch auf Nachfrage glaubhaft im Detail erläutert worden, dass eine Untersuchung z. B. der Zündkerzen, des Zündmagnetantriebs, des Zustands der Zylinder im Innenraum und des sich freidrehenden Propellers erfolgt sowie andere Details geprüft worden seien, ohne einen zu beanstandenden Mangel an den Komponenten gefunden zu haben und das Ergebnis des Unfalluntersuchungsberichts bestätigt worden. >>
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