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Das Air-Law Team gibt regelmäßig einen kleinen Einblick in ihr gesammeltes luftrechtliches Wissen, um die Mitglieder der Luftfahrtbranche über aktuelle und relevante Themengebiete zu informieren und aufzuklären. Veröffentlichungen finden Sie in den folgenden Journalen der Fachpressen. 

II. Mitglieder der sog. „Reichsbürgerbewegung“ besitzen nicht die erforderliche luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit

(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2021 – 8 S 3419/20 -, zit. nach juris)

Auch die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit wirft immer wie-der neue Fragen auf. Eine davon hat kürzlich der VGH Baden-Württemberg behandelt und festgestellt, dass Mitglieder der „Reichsbürgerbewegung“ die erforderliche Zuverlässigkeit nicht aufweisen. Dem lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem nach Feststellung der Zuverlässigkeit durch das zuständige Regierungspräsidium im Wege der Nachberichtspflicht durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitgeteilt wurde, dass der – spätere – Kläger als sog. „Reichsbürger“ erfasst worden sei, u.a. nachdem in eindeutiger „reichsbürgertypischer“ Diktion verfasste schriftliche Äußerungen des Klägers bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen in Bezug auf ein Schreiben zur Androhung von Erzwingungshaft eingegangen waren. Darin wurden der territoriale Geltungsbereich des Grundgesetzes und damit der „Pseudostaat BRD“ als erloschen bezeichnet. Das Regierungspräsidium hatte daraufhin die Feststellung der Zuverlässigkeit widerrufen. Das Verwaltungsgericht hatte der dagegen gerichteten Klage statt-gegeben, das Urteil wurde nunmehr durch das Berufungsgericht abgeändert und die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat zu der neu gefassten Vorschrift des § 7 LuftSiG festgestellt, dass auch bei Vorliegen eines der darin bestimmten Regeltatbestände zu prüfen sei, ob dieser im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme luftsicherheitsrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Dies könne nur aufgrund einer Gesamtwürdigung i. S. des § 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG beurteilt werden, dabei sei das Gewicht der Regelbeispiele und ihre indizielle Aussagekraft ebenso in den Blick zu nehmen wie den Betroffenen entlastende oder möglicherweise sogar in ein gutes Licht stellende Vorgänge. Das Gewicht der Regelbeispiele erfordere jedoch das Vorliegen besonderer Umstände, um gleichwohl von der Zuverlässigkeit ausgehen zu können. Diese müssen demnach die Regeltatbestände bei einer Gesamtwürdigung derart in den Hintergrund treten lassen, dass im Hinblick auf sie allein keine Zweifel an der Zuverlässigkeit mehr aufkommen können.

Der VGH hat außerdem festgestellt, dass die luftsicherheitsrechtiche Zuverlässigkeit nicht schon deshalb zu verneinen ist, weil es daran dann in der Regel fehle, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betroffene Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) verfolgt oder unterstützt oder in den letzten zehn Jahren verfolgt oder unterstützt hat (§ 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 LuftSiG). Tatsächliche Anhaltspunkte dafür konnten nicht festgestellt werden. Dass die der „Reichsbürgerbewegung“ zugerechneten Personen einer gemeinsamen Ideologie folgend übereinstimmend die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, reicht dafür nicht aus. In dem entschiedenen Fall lagen aber sonstige Erkenntnisse vor, die im Wege der Gesamtwürdigung jedenfalls ausreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers ergaben. Diese wurden den Schreiben entnommen, in denen er die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland sowie die Verbindlichkeit von deren Rechtsordnung verneint hatte. Da er damit einen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsgrundsatz in Frage gestellt habe, nämlich das Recht des Volkes die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben, komme es nicht darauf an, ob sich der Kläger der Übereinstimmung mit der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bewusst war und über seine zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen hinaus mit anderen dieser Bewegung zuzurechnenden Personen oder irgendwelchen Gruppierungen bzw. Personenzusammenschlüssen innerhalb dieser Bewegung auf irgendeine Weise verbunden war oder ist.

Dem Kläger konnte es auch nicht mehr helfen, dass nur der mögliche persönliche Vorteil bestimmend gewesen sein sollte, das gegen ihn verhängte und von ihm als ungerecht empfundene Bußgeld von 120 EUR letzten Endes doch nicht bezahlen zu müssen, nachdem sich in der Vergangenheit einzelne Behörden nachgiebig erwiesen und das Bußgeldverfahren eingestellt hatten. Gerade der Umstand, dass der Kläger um solcher, eher geringer Vorteile willen die Verbindlichkeit der staatlichen Rechtsordnung als Ganzes zu negieren bereit war, lässt aus Sicht des Berufungsgerichts vielmehr befürchten, dass, wenn ihm von Dritter Seite persönliche Vorteile in Aussicht gestellt würden, er wiederum bereit sein könnte, auch die die Luftsicherheit gewähr-leistenden Vorschriften als vermeintlich ebenso „illegal“ einfach zu ignorieren, um etwa Nichtberechtigten den Zugang zu Sicherheitsbereichen eines Flugplatzes zu ermöglichen. Dabei wurde zu seinen Ungunsten berücksichtigt, dass er nach Vaduz/Liechtenstein gefahren ist und dort in einem Behördengang eine sog. „Lebenderklärung“ und ein „Sicherungsabkommen“ beurkunden ließ, deren Bedeutung sich allein auf der Grundlage der Vorstellung der „Reichsbürger“ oder sog. „Selbstverwalter“ erschließt, wonach solche Dokumente geeignet sein sollen, den staatlichen Durchgriff auf die „lebende Person“ hinter dem „Strohmann“ zu verhindern. 

Dass er nach anwaltlicher Beratung bereits Ende 2018 das gegen ihn verhängte Bußgeld wegen „Sinnlosigkeit seines Tuns“ bezahlt haben will, vermochte ihm auch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn vor dem Verwaltungsgericht hat er den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge nur erkennen lassen, dass er sich künftig – wohl wegen der nicht erwarteten Weiterungen insbesondere im Hinblick auf seine Pilotenlizenz -nicht mehr entsprechend verhalten, sondern bei „unberechtigten“ Forderungen sogleich anwaltlicher Hilfe bedienen würde.

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