Europäische Neuerungen, Audits und immer wieder Anlass für Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Mit der europäischen Verordnung (EU) Nr. 83/2014 wurde im Anhang III der EU-OPS-Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der Teilabschnitt ORO.FTL (Flight Time Limits) zu Flugdienst- und Ruhezeiten angefügt.
Mit diesem Teilabschnitt werden Beschränkungen der Flug- und Dienstzeiten sowie Ruhezeiten im zivilen Lufttransport (CAT-Flügen) geregelt.
Diese Europäische Verordnung gilt eigentlich ab dem 18. Februar 2016 mit Ausnahme für Lufttaxi-Flüge, medizinischen Notfalleinsätze, Flügen mit einem Piloten sowie Flüge mit Hubschraubern. Hierfür wurden von der EU noch keine Durchführungsverordnungen erlassen. Aber auch für CAT-Flüge – also gewerbliche Flüge innerhalb von Luftfahrtunternehmen wurde aktuell die Wahrnehmung der Opt-Out-Möglichkeit von einem Jahr durch die Bundesrepublik bei der EU-Kommission angezeigt.
Damit verschiebt sich die Anwendbarkeit von ORO.FTL also erst auf den 17. Februar 2017. Bis dahin gilt der Abschnitt Q der Verordnung VO(EWG) Nr. 3922/91 in der aktuellen Fassung (EU-OPS) weiter und ebenso die nationalen Vorschriften – in Deutschland die 1. und 2. DV LuftBO.
Bei Aufsichtsbesuchen (Audits) des Luftfahrtbundesamtes (LBA) werden immer wieder Verletzungen dieser Vorschriften moniert. Verschärft werden die Probleme aktuell noch mit Flugdienst- und Ruhezeitenbeschreibungen in Handbüchern von Flugschulen (ATOs). Vor allem Freelancer, die teils in einem Unternehmen, teils in einer Schule fliegen, müssen sich die Bestimmungen der jeweiligen Handbücher aufmerksam durchlesen. Aber auch festangestellte Piloten müssen darauf achten, was zum einen im Handbuch, zum anderen ggf. auch im Arbeitsvertrag geregelt ist.
Nicht selten behält es sich der Arbeitgeber vor, dass in der Freizeit keine anderen, die maximalen Flugdienstzeiten einschränkenden, Tätigkeiten wahrgenommen werden dürfen. Selbst die ehrenamtliche Tätigkeit im Flugsportverein als Fluglehrer kann für Probleme sorgen. Häufig werden von ATOs in den Handbüchern nach der FCL-Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 ORA.ATO.130 d) Formulierungen verwandt, wie „…Für die Fluglehrer der ATO gelten in Anlehnung an die 2. DV LuftBO folgende maximalen Flugstunden, maximalem Flugdienststunden und Mindestruhezeiten zwischen Unterrichtsaufgaben ….“. Bei einer solchen Formulierung drängt sich die gegenseitige Beeinflussung von OPS-Zeiten und Schulzeiten auf. Diese Problematik wurde auch im Rahmen einer Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „OPS“ beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) am 22.10.2015 in Bonn thematisiert. Im Hinblick auf Flugdienst und Ruhezeiten bei ehrenamtlichen Tätigkeiten, die neben einer hauptberuflichen Tätigkeit als Pilot durchgeführt werden, bestanden offenbar unterschiedliche Auffassungen bzgl. der möglichen Anrechnung.
LBA und BMVI vertraten die Auffassung, dass solche Tätigkeiten allgemein so zu behandeln seien wie andere Freizeitaktivitäten, die während der Ruhezeiten durchgeführt werden. Somit würden Flugzeiten die sowohl als ehrenamtlicher Lehrer wie auch als Privatpilot durchgeführt werden, vom LBA nicht als Flugdienstzeit für die gewerbliche Betätigung angerechnet. Im Ergebnisprotokoll ist jedoch festgehalten: „Anders verhält es sich wenn solche Tätigkeiten in genehmigten ATOs stattfinden, da hier ein gewisser Zwang vorliegt, Flugstunden als Ausbilder auch wahrzunehmen“. Wenn auch sprachlich etwas ungenau, scheint damit die Arbeitsgruppe zwischen der ATO eines Vereins und der ATO einer gewerblichen Flugschule zu unterscheiden. Einige Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren offenbar insgesamt der Auffassung, dass auch ehrenamtliche und private fliegerische Betätigungen als Flugdienstzeiten anzurechnen sind. Im Ergebnis bestehe aber zumindest Einigkeit darüber, dass Flugzeiten als Fluglehrer innerhalb einer (gewerblichen) ATO als Flugdienstzeit für die gewerbliche/berufliche Betätigung angerechnet werden müssten – so die Mitteilung einer Landesluftfahrtbehörde. Auffrischungsschulungen zur Verlängerung einer Klassenberechtigung, die außerhalb einer ATO stattfinden können, sollen nach Meinung des LBA und des BMVi aber bei der Berechnung außen vor bleiben.
Werden Flugschulen oder Luftfahrtunternehmen auditiert, so werden Bordbücher, Flugbücher und auch Hauptflugbücher der Landeplätze abgeglichen. Werden dabei Differenzen der Aufzeichnungen oder Überschreitungen der zulässigen Zeiten festgestellt, führt dies unausweichlich zu „Finding-Reports“/Beanstandungen sowie Ordnungswidrigkeitenverfahren oder gar Strafverfahren. Der Luftfahrtunternehmer hat nach § 55 LuftBO bzw. EU-OPS 1.1090 für die Besatzung von Luftfahrzeugen die höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie angemessene Ruhezeiten festzulegen. Die Regelungen müssen den hierzu erlassenen Vorschriften entsprechen und gewährleisten, dass die sichere Flugdurchführung nicht gefährdet wird. Der AOC-Inhaber hat für die Einhaltung der höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie Ruhezeiten zu sorgen und hat über die von den Besatzungen geleisteten Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten fortlaufende Aufzeichnungen zu führen. Verletzt er diese Pflichten, drohen Bußgelder in empfindlicher Höhe.
Hier ein Überblick über einige für diesen Bereich verwendeten Begriffe und Limits:
Begriff | Regelung | Beschreibung |
Blockzeit | § 2 2.DV LuftBO; Nr. 1.2. OPS 1.1095 Max. § 12 2. DV LuftBO; OPS 1.1100 | Die Zeit zwischen dem erstmaligen Abrollen eines Luftfahrzeugs aus seiner Parkposition zum Zweck des Startens bis zum Stillstand an der zugewiesenen Parkposition mit abgestellten Triebwerken. Für Hubschrauber bedeutet Blockzeit die Zeit zwischen dem erstmaligen Drehen der Rotorblätter bis zum Absetzen und dem nachfolgenden Stillstand des Rotors. Die Blockzeiten dürfen 900 Stunden während eines Kalenderjahres nicht überschreiten. |
Pause | § 2 2.DVLuftBO; Nr. 1.3. OPS 1.1095 | Frei von jeglicher dienstlichen Verpflichtung |
Dienst | § 2 2. DV LuftBO; Nr. 1.4. OPS 1.1095 | Alle Tätigkeit mit Bezug zum AOC |
Tagesrhythmus-Tief (TRT) | Nr. 1.15. OPS 1.1095 | Zeitraum zwischen 02:00 Uhr und 05:59 Uhr |
Dienstzeit (DZ) | Nr. 1.4. OPS 1.1095 Max. § 5 2. DV LuftBO | DZ ist die vom AOC-Inhaber spezifizierte Arbeitszeiten. Max. 2.000 Std. p.a. Die Summe täglichen FDZ und DZ vor und zwischen Flugdienst darf die zu Beginn der DZ höchstzulässige FDZ nicht überschreiten. Max. FDZ bei 4 Landungen ohne TRT-Überschneidung 12 (13) Std.; Diese Begrenzung gilt auch für die Dienstzeit. Beginnt eine DZ im TRT, ist die Überschneidung mit dem TRT von der grundsätzlich höchstzulässigen täglichen FDZ abzuziehen. |
Flugdienstzeit(FDZ) | Nr. 1.6. OPS 1.1095 | FDZ ist die Zeitspanne, während derer eine Person in einem Luftfahrzeug oder Flugübungsgerät als Besatzungsmitglied tätig ist. |
Ortstage | Ein Ortstag = 24 Stunden, beginnt um 0 Uhr Ortszeit Muss an der verbracht werden können. Je Kalendermonat sind min. 7 Ortstage, je Kalenderjahr min.96 Ortstage zu gewähren. | |
Ruhezeit | § 2 2. DV LuftBO | Ruhezeit ist eine zusammenhängende Zeit von mindestens zehn Stunden, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. |
Werden die Limits überzogen und kommt es dadurch zu Gefährdungen oder gar Unfällen, kommen u.a. Strafverfahren wegen Luftverkehrsgefährdung nach § 315a StGB in Betracht. Auch die Fluglizenz, das AOC oder die ATO-Genehmigung können bei nachhaltigen Verstößen gefährdet sein, wenn die Lizenzbehörde deswegen Zweifel an der Eignung als Luftfahrer oder der Zuverlässigkeit des Unternehmens bekommt. Im Zweifel ist es besser, vorab mit der Behörde zu klären o bzw. welche Zeiten anzurechnen sind.
Ein Artikel aus dem ROTORBLATT 2/2016