Publikationen

Das Air-Law Team gibt regelmäßig einen kleinen Einblick in ihr gesammeltes luftrechtliches Wissen, um die Mitglieder der Luftfahrtbranche über aktuelle und relevante Themengebiete zu informieren und aufzuklären. Veröffentlichungen finden Sie in den folgenden Journalen der Fachpressen. 

Stellungnahme zum Antrag der Bayer. Staatsregierung

Das Bestreben zur Umstellung der Energieversorgung auf sog. erneuerbare Energien hat in den letzten Jahren zu einigen Gesetzesänderungen geführt, die insbesondere den Ausbau der Windenergie forcieren sollen. Das zum 1. Februar 2023 in Kraft getretene Windenergieflächenbedarfsgesetz räumt jetzt nicht nur im Erneuerbare Energien Gesetz – EEG -, sondern auch im Immissionsschutzrecht und in baurechtlichen Vorschriften den mit überragenden öffentlichen Interessen ausgestatteten Anlagen in planerischer und genehmigungstechnischer Hinsicht einen Vorrang ein. Die Errichtung dieser Anlagen liegt jetzt sogar im Interesse der öffentlichen Sicherheit, und gleichzeitig wurde das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (§ 35 BauGB) – das auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu beachten war – für diese Anlagen gestrichen (§ 249 Abs. 1 BauGB). Damit konnte bislang gegenüber Windenergieanlagen (WEA), die an Flugplätze heranrücken sollten, häufig erfolgreich ein Bestandsschutz für die luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Flugplatzes geltend gemacht werden. Jetzt bleibt nur noch die notwendige Zustimmung durch die Luftfahrtbehörde für solche Anlagen nach § 14 LuftVG, die verweigert werden kann, wenn durch heranrückende WEA Gefahren für den Flugverkehr (§ 29 LuftVG) entstehen. Bislang kam es dabei vor allem auf die Frage an, welche Abstände zur Wahrung der Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich sind, die ihrerseits aus § 21a LuftVO und der dazu erlassenen NfL I 92/13 entnommen werden konnten.

Auch nach der insoweit maßgeblichen NfL I 92/13 ist jetzt aber eine konkrete Beurteilung des einzelnen Falles durch die Luftfahrtbehörde erforderlich. § 21a LuftVO wurde mit der Anpassung an die unionsrechtlichen Regelungen (DVO EU Nr. 923/2012, SERA) geändert und nur in Teilen in § 22 LuftVO beibehalten. Die noch in der NfL I 92/13 (Nr. 6.) aufgeführten Mindestabstände von 400 m zum Gegenanflug und 850 m zu anderen Teilen der Platzrunde sind in der LuftVO nicht mehr enthalten.

Die NfL I 92/13 wird zwar als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ angesehen, die Luftfahrtbehörde muss aber in jedem einzelnen Fall feststellen, ob von einer in der Nähe geplanten WEA konkrete Gefahren für den Flugverkehr an einem Flugplatz im Sinne von § 29 LuftVG ausgehen. Die Verweigerung der Zustimmung kann in einem Gerichtsverfahren überprüft werden, und zwar in vollem Umfang. Hierbei wird gerne auf die SERA.5005 lit. f) 2. verwiesen, die eine Sicherheitsmindesthöhe von 150 m (500 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb eines Umkreises von 150 m (500 ft) um das Luftfahrzeug verlangt, und nur dieser Abstand auch für den Platzrundenverkehr verlangt. Im günstigsten Fall fordern die Gerichte ganz konkrete objektive Angaben zu etwa drohenden Gefahren, bis hin zu Einzelheiten der Sichtverhältnisse, einer überprüfbaren Beschreibung des Gefahrenszenarios einschließlich Flughöhe, Steigungswinkel und der Sichteinschränkungen im relevanten Bereich des Flugplatzverkehrs. Immer öfter werden auch Gründe dafür abgefragt, ob die festgestellten Einschränkungen bzw. Gefahren nicht durch Optimierung des Flugbetriebs selbst oder durch Auflagen wie etwa den Betrieb eines effektiven Kollisionswarnsystems wirksam kompensiert werden können (s. etwa OVG Lüneburg, Urt. v. 14.02.2023 – 12 LB 128/19 -, ZLW 2023, 361 ff.).

Wie erfährt man jetzt aber von einer solchen Planung? Sowohl bei einem Genehmigungsverfahren für einzelne oder mehrere WEA als auch bei einem Verfahren zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie in einem Regionalplan ist die potenziell betroffene Öffentlichkeit zu beteiligen, und dies geschieht durch die im betroffenen Gebiet liegenden Gemeinden. Allerdings bedarf es dazu nur einer öffentlichen Bekanntmachung – zunehmend im Internet, immer jedoch in den gemeindlichen Amtsblättern. Es ist deshalb wichtig, sich kundig zu machen, wie die geltenden Festsetzungen im jeweiligen Regionalplan und im Flächennutzungsplan aussehen und im Auge zu behalten, ob ein Änderungsverfahren oder gar ein Genehmigungsverfahren eingeleitet wird. Für die Öffentlichkeitsbeteiligung bestehen nämlich Fristen, und Einwendungen, die nicht innerhalb dieser Fristen erhoben werden, sind später regelmäßig ausgeschlossen (bspw. in § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG -).

Auch der Gesetzgeber muss im Auge behalten werden. So soll mit einem Vorstoß aus Bayern zur Änderung der §§ 14, 30 und 31 LuftVG erreicht werden, dass die bislang gemäß § 14 LuftVG nötige Zustimmung der Luftfahrtbehörde durch eine gutachtliche Stellungnahme ersetzt wird, die von der Genehmigungsbehörde einzuholen und dort nur noch in die Abwägung einzustellen ist. Der Genehmigungsbehörde wäre es dadurch möglich, die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Errichtung der WEA als geringer zu bewerten. Auch hier sollen wieder Fristen für die gutachtliche Stellungnahe vorgesehen werden, um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Zwar wird dieser Vorstoß nicht sogleich in ein Gesetzgebungsvorhaben münden, da Gesetzesvorlagen nur im Bundestag und dort nur von der Bundesregierung, dem Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages (durch eine Mindestzahl an Abgeordneten) eingebracht werden können (Art. 76 GG). Es muss also zunächst der Bundesrat dazu bewegt werden, sich diesen Antrag zu eigen zu machen und als Gesetzesvorlage in den Bundestag einzubringen, was eine Einigung unter den Bundesländern voraussetzt, die derzeit nicht absehbar ist. Die weitere Entwicklung im Auge zu behalten, ist dennoch ratsam, nicht nur, weil in Bayern im Vorfeld von Genehmigungsverfahren schon erste Konsequenzen spürbar geworden sind, indem Vorschläge zur Anpassung des Flugbetriebs seitens des Vorhabenträgers an betroffene Flugplatzbetreiber herangetragen wurden, die wiederum Genehmigungsänderungen zur Folge hätten. Auch die Regionalplanung schreitet voran, und dort wird die mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz ermöglichte Ausschlusswirkung für die WEA-Errichtung außerhalb der Windvorrangflächen präferiert mit der Konsequenz, dass in den nachgelagerten Genehmigungsverfahren kaum noch Reduzierungen der Anzahl der WEA innerhalb dieser Gebiete erreicht werden könnten. Je nach Abstand zu bestehenden Flugplätzen kann auch dies zu fatalen Folgen führen.

Das Foto ist vom DAeC und befindet sich in dieser Quelle:
https://www.daec.de/media/files/2022/Fachbereiche/Umwelt/Leitfaden_Luftfahrthindernisse_14_03_2022.pdf